Hat sie oder hat sie nicht?

Claudia Roth und die PPK

Beitrag von Gregor Wensing, Pulheim

Anfang des Jahres 2012 ging durch die Presse, dass die Parteivorsitzende der GRÜNEN, Claudia Roth, Besitzerin einer Walther PPK und Inhaberin eines zum Führen dieser Waffe benötigten Waffenscheins sei. Bereits 1½ Jahre zuvor soll sie nämlich bei einer Polizeikontrolle in München ihre Handtasche geöffnet haben – worauf hin die Beamten auf eine Walther PPK aufmerksam wurden.


Das alles wurde natürlich sofort über die Medien der Sportschützen, Jäger und Sammler verbreitet, bot der Vorgang doch eine besondere Brisanz: Die GRÜNEN im Allgemeinen und Claudia Roth im Besonderen sind entschiedene Gegner eines privaten legalen Waffenbesitzes jedweder Art und lehnen daher auch alle Maßnahmen ab, welche die Wahrnehmung der gesetzlich verbrieften Rechte auf Notwehr (§ 32 StGB) oder Nothilfe (§ 34 StGB) ermöglichen würden.
Da hätte es sicherlich einen gewissen Charme gehabt, die GRÜNEN-Chefin dabei zu ertappen, Wasser zu predigen, aber Wein zu trinken, d. h. einerseits selber dauernd eine geladene Schusswaffe in der Handtasche spazieren zu tragen, andererseits ihren Mitbürgern das sportliche Schießen, die Jagd oder die Beschäftigung mit der Geschichte vermiesen zu wollen – vom Selbstschutz ganz zu schweigen. Es gilt zu bedenken, dass es seinerzeit für Angehörige der Parlamente leicht war, eine Erlaubnis zum Führen einer scharfen Schusswaffe zu erhalten (siehe unten „Auszug aus der Verwaltungsvorschrift“). Das Bürgerrechtsportal „Prolegal“ stellte also dem-/derjenigen eine Belohnung von 2.500 Euro in Aussicht, welche/r gerichtsverwertbare Beweise für diesen Vorfall vorlegen könne – denn man darf nicht übersehen, dass bis dahin lediglich anonyme Hinweise vorlagen, die durchaus mit rufschädigender Absicht von wem auch immer lanciert worden sein konnten.
Roth wehrte sich und erreichte mit einer „einstweiligen Verfügung“, dass „Prolegal“ die Auslobung dieser Prämie vier Tage später von seiner Internetseite verbannen musste. Damit war die Behauptung, Claudia Roth führe mit behördlicher Erlaubnis zum Selbstschutz eine Schusswaffe nicht widerlegt, sondern es wurde lediglich untersagt, das o.g. Angebot weiter aufrecht zu erhalten.
Damit aber war das Interesse an diesem Fall keineswegs erloschen: Es wurde im Internet nun erst recht heiß diskutiert, ob hier eine Vertuschung dank politischen Drucks stattfand und Roth tatsächlich Waffenschein und Schusswaffe besitzt – oder ob ihr interessierte Kreise etwas in die Schuhe schieben wollten, um sie und ihre Partei als Heuchler dastehen zu lassen, sind es doch die GRÜNEN, die unverdrossen jedes Jahr aufs Neue die Waffengesetze zuungunsten der gesetzestreuen Bürger verschärfen wollen.
Beim „Derblecken“ auf dem Münchner Nockherberg 2012, in dessen Verlauf politische Geschehnisse kabarettistisch aufbereitet wurden, sah man jedenfalls eine süßsäuerlich lächelnde Claudia Roth, als ihre PPK zur Sprache kam ... ein Dementi bzw. eine einstweilige Verfügung blieben diesmal jedoch aus … Im ZEIT Magazin Nr.7/2012 war zu diesem Vorfall zu lesen, dass über die Kontrolle einer prominenten Person auf jeden Fall im Polizeirevier gesprochen werde: „Außerdem wird ein Bericht über das polizeiliche Einschreiten geschrieben. Dieser Bericht geht durch mehrere Hände.“ Insofern gibt es bei jeder polizeilichen Aktion also genügend „Eingeweihte“, die sich aber bei der Weitergabe derart brisanter Informationen sehr vorsichtig verhalten müssen, wollen sie sich nicht unnötigem Ärger im dienstlichen Bereich aussetzen.
Laut Spiegel-online vom 29.01.2012 habe Claudia Roth in einer Sitzung der Bundestagsfraktion der GRÜNEN spöttisch reagiert: „Sie habe tatsächlich jahrelang „eine gefährliche Waffe in meiner Handtasche“ gehabt, nämlich das Parfum „Opium“. Mittlerweile habe sie „etwas abgerüstet“ auf den Duft „Terre d‘Hermès“.

Ein prominenter Kollege von ihr, der langjährige Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP), hatte keine Probleme, sich zu seinem Waffenbesitz zu äußern. Auf eine Frage der Süddeutschen Zeitung bekannte er nämlich am 21. August 2015, dass er jahrelang eine Schusswaffe geführt habe: „Ja, das hat mich beruhigt, eine hundertprozentige Sicherheit gibt es nie, ich hatte durchaus Grund zur Sorge.“ Zur Art seiner Schusswaffe wurde nichts vermeldet, lediglich, dass es „sich aber nur um eine kleine Waffe gehandelt“ habe, denn „sie musste ja in meine Hosentasche passen“. Auch machte Genscher kein Hehl daraus, dass er diese Waffe in seiner Dienstzeit als Außenminister sogar in anderen Ländern geführt habe – was ihm (lt. Süddeutscher Zeitung) 1990 Ärger mit dem Sicherheitspersonal eingebracht hatte, als er zur Nato-Frühjahrstagung nach Schottland gereist war.
Auch Genschers Parteifreund Burkhard Hirsch, ehemals Innenminister von Nordrhein-Westfalen (und an anderer Stelle in dieser Begleitschrift noch erwähnt), führte regelmäßig eine Schusswaffe und trainierte auch fleißig auf einem Schießstand des Bundesgrenzschutzes, weil er „nicht wie der Schleyer enden wollte“ (wie er mir einmal im Gespräch anvertraute).
Eine Frage drängt sich unwillkürlich auf: Weiß Claudia Roth eigentlich, dass „die Waffen der Frauen“ im Moment noch legal sind – und damit eigentlich im Focus der GRÜNEN Weltverbesserer stehen müssten?

Anm.: Die „Verwaltungsvorschrift zum Waffengesetz“ regelte seinerzeit unter 6.3 (die Hervorhebung hat redaktionelle Gründe und findet sich nicht im Originaltext):
„Der Bundesminister des Innern oder die von ihm bestimmten Stellen sowie die zuständigen Stellen der Länder können – soweit eine Freistellung nach § 6 Abs. 1 WaffG nicht gegeben ist – für Personen, die wegen der von ihnen wahrzunehmenden hoheitlichen Aufgaben persönlich gefährdet sind, eine Bescheinigung ausstellen, die diese zum Erwerb von und zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über Schusswaffen, sowie zum Führen dieser Waffen berechtigt ( § 6 Abs. 2 WaffG).....
6.3.4
Die Bescheinigung ist längstens für die Dauer des Dienst- oder Amtsverhältnisses – bei Abgeordneten für die Dauer ihrer Parlamentszugehörigkeit – zu erteilen. Scheidet der Inhaber der Bescheinigung aus seinem Dienst- oder Amtsverhältnis oder dem öffentlich-rechtlichen Wahlamt aus, so ist die Bescheinigung einzuziehen ( vgl. Nummer 47 ). Dauert die Gefährdung fort, so sind waffenrechtliche Erlaubnisse nach den §§ 28, 35 und 39 WaffG erforderlich. Bei Erteilung der Waffenbesitzkarte an solche Personen ist aus Gründen der Gleichbehandlung ein Bedürfnis am weiteren Besitz der Waffe anzuerkennen.

Walther PPK, Ulm/Donau, Kaliber 7,65mm Browning
1931 kam mit der Modellbezeichnung „PPK“ die verkleinerte Version des Verkaufsschlagers „PP“ der Waffenfabrik Walther in Zella-Mehlis/Thüringen auf den Markt. Gleichwohl bei ihrem Erscheinen 1929 vor einem breiten Publikum aus Zivilpersonen und Behördenvertretern noch nicht die Rede davon sein konnte, dass die neue Taschenpistole das Interesse von Polizei und Militär wecken würde, erhielt sie den Suggestivnamen „PP“ für „Polizei-Pistole“. Damit konnte dieser Name aus Wettbewerbsgründen von anderen Herstellen nicht mehr benutzt werden.
1933 war es dann so weit, dass die für Bayern zuständige „Polizeidirektion München“ die ersten Walther-Pistolen der Baureihen „PP“ und „PPK“ ankaufte. Die Bezeichnung „PPK“ ist ebenfalls suggestiv, stand sie doch bereits für „Polizeipistole Kriminal“, bevor sie der erste Kriminalbeamte überhaupt in die Hand bekam. In der Folgezeit wurden bis zum Kriegsende 1945 an die 700.000 Exemplare gefertigt und an Zivilpersonen, die Wehrmacht, die Polizei sowie Parteiformationen verkauft.
Nach dem Krieg wurde die Firma Walther mit Unterstützung der Westalliierten in Ulm/Baden-Württemberg angesiedelt. Da nach dem Krieg die Produktion von militärisch und polizeilich verwendbaren Waffen in Deutschland verboten war, die im Auf- und Ausbau befindliche deutsche Polizei aber eine einheitliche Ausrüstung mit Schusswaffen anstrebte, vergab die Firma Walther 1952 die Lizenz zur Herstellung von PP und PPK an die Firma „Manufacture de Machines du Haut-Rhin“ (Manurhin). Dort wurden beide Pistolenmodelle bis 1986 gefertigt (auch die, welche die Bezeichnung „Ulm/Donau“ in der Verschlussbeschriftung tragen). Zwischen 1986 und 1999 stellte die Firma Carl Walther ihre PP und PPK dann in eigener Regie her. Da die Polizei sich in der Zwischenzeit für die Einführung anderer Waffenmodelle entschieden hatte, produzierte man nun nur noch für den Zivilmarkt.

Quellen:
Dieter Marschall, Walther Verteidigungspistolen, Modell 1 bis P99. Schwäbisch Hall 1999, ISBN 3-936632-11-1.
James Rankin, Christian Reinhart, Walther PP und PPK 1929 bis 1945. Stuttgart 1995, ISBN 3-7276-7051-7.