Von links nach rechts: Düsseldorf richtete 2017 eine große Otto-Dix-Ausstellung aus, die Besucher aus aller Welt anzog. >> Jünger als Soldat 1918 in Rekonvaleszenz (Bild: Wiki Commons). >> Ein deutscher Sturmtrupp sichert den dem Rand eines soeben herausgesprengten Minentrichters in Ripont am 21. März 1917 im französischen Departement Marne. Das Dorf Ripont, das im Jahr 1911 noch 84 Personen zählte, verschwand vollständig von der Landkarte und wurde nie wieder aufgebaut. (Bild: Bundesarchiv, Bild 102-00206A / CC-BY-SA 3.0/Wiki Commons).

Otto Dix und Ernst Jünger – zwei deutsche Künstler im Ersten Weltkrieg

Beitrag von Ulrich Granderath, Meerbusch

„Der Krieg war eine scheußliche Sache, aber trotzdem etwas Gewaltiges.
Das durfte ich auf keinen Fall versäumen.“
Otto Dix

 

„Der Krieg mußte es uns ja bringen, das Große, Starke, Feierliche.“

Ernst Jünger

Betrachtet man die Werke der beiden Künstler, stellt man eine sehr ähnliche Bewertung dieser Jahrhundertkatastrophe fest: Beide sahen den Krieg als naturgegebenen Teil des menschlichen Zusammenlebens, ja als schicksalhaftes „Naturereignis“. Beide Künstler verarbeiteten die schrecklichen Erlebnisse dieser Zeit, jeder auf seine Art. Während Otto Dix den Krieg in einer ganzen Reihe von Gemälden und Radierungen in kaum erträglichen Details darstellte, schilderte ihn Ernst Jünger u. a. in seinem bekanntesten Werk „In Stahlgewittern. Aus dem Tagebuch eines Stoßtruppführers“ in einer sachlichen, nahezu emotionslosen Art.

Otto Dix
Der 1893 geborene Otto Dix wurde 1914 eingezogen und meldete sich freiwillig, voller Begeisterung, wie viele seiner Altersgenossen, im September 1915 zum Dienst an der Front. Bis Kriegsende 1918 kämpfte er als MG-Schütze und später als Zugführer unter anderem an der Somme und in Flandern, sowie ab 1917 an der Ostfront. 1916 wurde er mit dem Eisernen Kreuz 2. Klasse ausgezeichnet und 1918 nach einer Verwundung zum Vizefeldwebel befördert.
Nach Kriegsende begann er ein Studium an der Akademie der bildenden Künste in Dresden und gründete mit anderen Künstlern die „Dresdner Sezession Gruppe 1919“. Neben dadaistischen Werken verarbeitete er das im Krieg Erlebte in überaus drastischen Darstellungen und altmeisterlichem Strich. Sein Hauptwerk „Der Schützengraben“, das als vielbeachtetes (und -diskutiertes) Bild in der 1923 eröffneten Neuen Galerie im Kölner Wallraf-Richartz-Museum gezeigt wurde, machte ihn schlagartig bekannt und bei den Nazis verhasst, die ihn nach der Machtübernahme 1933 als einen der ersten Professoren entließen. Seine Arbeiten wurde als „Entartete Kunst“ diffamiert, in den Museen beschlagnahmt und entfernt. Er selbst wurde unter Berufsverbot gestellt. Nach dem Ende der Naziherrschaft blieb Dix ein Außenseiter, dem beide deutsche Staaten fremd waren, der aber in beiden hohes Ansehen genoss. 1969 starb er nach einem Schlaganfall in Singen am Hohentwiel.


Ernst Jünger
Ernst Jünger, 1895 in Heidelberg geboren, war bereits als junger Bursche auf Heldentaten aus: 1913 trat er der Fremdenlegion in Frankreich bei, wurde aber bereits nach kurzer Zeit von seinem Vater zurückgeholt. Bei Kriegsausbruch meldete er sich im August 1914 beim Füsilier-Regiment „General-Feldmarschall Prinz Albrecht von Preußen“ (Hannoversches) Nr. 73 in Hannover als Kriegsfreiwilliger. Seine Feuertaufe erlebte er als „gemeiner“ Soldat in der Champagne, wo er im April zum ersten Mal verwundet wurde. Im Heimaturlaub bewarb er sich auf die Offizierslaufbahn, wurde zum Leutnant befördert und führte ab November 1915 bereits eine Kompanie. Schnell wurde man durch seine furchtlosen Stoßtrupp-Aktionen auf ihn aufmerksam, die er in seinem Tagebuch dokumentierte, aus dem nach dem Krieg u. a. „In Stahlgewittern“ entstehen sollte. Er wurde vielfach ausgezeichnet, schließlich kurz vor Kriegsende mit dem höchsten preußischen Kriegsorden, dem „Pour le Mérite“, auch „Blauer Max“ genannt.
Nach dem Krieg diente Jünger noch bis 1923 in der Reichswehr und entwickelte sich rasch zum Gegner der Republik, hielt sich aber aus politischen Auseinandersetzungen heraus. In dieser Zeit schrieb er „In Stahlgewittern“ und kam über den Verleger Steegemann in Kontakt zu den Berliner Dadaisten. Manns „Zauberberg“ und Rimbauds „Trunkenes Schiff“ beeindrucken ihn tief. Er veröffentlicht selbst weitere Werke, in denen er seine Kriegserlebnisse verarbeitet. Den Ideen der aufkommenden Nationalsozialisten ist er zunächst zugetan. Er schreibt sogar für den „Völkischen Beobachter“. In den folgenden Jahren publiziert er für verschiedene Zeitschriften und Beilagen; sein Idealbild des Menschen nimmt Entbehrungen und Schmerz auf sich, achtet Disziplin und Rangordnung mehr als den Wunsch nach Gleichheit. Humanistische Ideale lehnt er ab, weil dann die Opfer des Krieges umsonst gewesen wären. 1925 schreibt er: „Ich hasse die Demokratie wie die Pest.“ Zwar sympathisierte Jünger in diesen Jahren mit den Nationalsozialisten, wandte sich aber schließlich gegen Ende der Zwanziger Jahre von ihnen ab. In „phänomenologisch-militanten Schriften“ propagiert er einen neuen Nationalismus, den er aber in den völkischen Ideologien der Nationalsozialisten nicht wiederfindet. Nach der Machtergreifung 1933 zieht er sich in die „innere Emigration“ zurück und veröffentlicht „Auf den Marmorklippen“, welches von vielen als verdeckte Kritik am herrschenden Regime gesehen wird.
Kurz vor Beginn des Zweiten Weltkriegs meldet sich Jünger freiwillig zum Fronteinsatz, wird zum Hauptmann befördert und bekommt das Kommando über eine Kompanie an der Westfront. Nach dem Zusammenbruch Frankreichs wird er bis zum Kriegsende als Besatzungsoffizier in Paris eingesetzt. Man beschreibt ihn in dieser Zeit als Dandy, dem Champagner und den Frauen zugetan. Drastische Erlebnisse wie Geiselerschießungen oder Hinrichtungen von Deserteuren sowie die Behandlung der Juden rufen Abscheu bei ihm hervor. Durch seine Position kommt er auch in Kontakt zum Kreis der Offiziere, die das Attentat auf Hitler planen. Sein Zitat „Da muß man doch einfach schießen“ ist gesichert, aber er selbst war wohl nicht in die Durchführung des Attentats involviert. Als sein Sohn Ernst nach regimekritischen Äußerungen zu einer SS-Einheit eingezogen wird und im November 1944 in der Toskana fällt, geht Jünger vollends auf Distanz zum Nationalsozialismus.
Nach Kriegsende erhält er zunächst Publikationsverbot in der britischen Besatzungszone, siedelt aber 1948 nach Ravensburg in die französische Zone um und lebt dort bis zu seinem Tod im Jahre 1998.

Die Soldaten Dix und Jünger und ihre Waffen
Otto Dix kämpfte in einer MG-Kompanie; ihre Maschinengewehre, meist wassergekühlte Modelle 08 oder 08/15, die auf dem Maxim-Patent basierten, dominierten neben der Artillerie die Schlachtfelder des Ersten Weltkriegs.
Bereits Ende 1914 scheiterte der Schlieffen-Plan, und der Bewegungskrieg kam zum Stillstand; die Heere gruben sich ein und verwandelten einen meist nur wenige hundert Meter breiten Landstreifen von der Schweizer Grenze bis zur Nordsee in eine nie gesehene Todeszone. Immer wieder versuchten ehrgeizige Kommandeure und ihre Infanteristen einen Durchbruch durch die stacheldrahtbewehrten Stellungen, oft mit einem Hurra auf dem Lippen und dem aufgepflanzten Seitengewehr. Es zeigte sich aber schnell, dass in diesem Umfeld die klassische Kampfweise der Infanterie der Garant für hohe Verluste war. Allein ein einziges Maschinengewehr, ausreichend Munition und eine entschlossene Besatzung vermochten eine Stellung über die Dauer eines Angriffs zu halten und dem anstürmenden Gegner schreckliche Verluste zuzufügen.

Als sich 1916, nach den Schlachten um Verdun und an der Somme, auf beiden Seiten die Erkenntnis durchsetzte, dass selbst der mutigste Frontalangriff scheitern musste, suchte man neue Konzepte und Ideen. Bei den Engländern führte das u. a. zum Auftritt der ersten Panzer im September 1915. Dieser führte allerdings kurzfristig nicht zum erhofften Ergebnis. Auf der deutschen Seite setzte man auf Stoßtruppunternehmen: Nach einem kurzen Artillerieschlag überwand ein Bataillon besonders ausgebildeter Soldaten das Niemandsland, drang in das Grabensystem des Gegners ein und schaffte dort die Voraussetzungen für eine Eroberung des Grabens durch die Haupttruppe. Allerdings war die Standardbewaffnung des deutschen Infanteristen, das über einen Meter lange Gewehr 98, dafür völlig ungeeignet, weil zu sperrig. Mit seinem langen Lauf und einer Visierung von 300 bis 2000 Meter war das Gewehr – ähnlich wie sein britisches und französisches Pendant – für Schüsse auf weite Entfernungen vorgesehen. Tatsächlich lagen sich aber die Kämpfer im Grabenkrieg manchmal nur wenig mehr als 50 Meter gegenüber. Deshalb waren deutsche Stoßtrupps meist mit Pistolen, dem kurzen Handspaten und Handgranaten ausgestattet, auch gekürzte Seitengewehre, Grabendolche oder selbstgebaute Keulen fanden Verwendung.Im Jahr 1918 kam die erste Maschinenpistole, das Modell MP18, dazu, das von Bergmann und Schmeisser entwickelt wurde.

An Kurzwaffen wurde an der Front alles verwendet, was der Markt hergab: Als sich zeigte, dass der Bedarf explodierte, kamen die Hersteller der offiziell eingeführten Militärwaffen kaum mit der Fertigung nach. Also deckten sich Offiziere beider Seiten mit einem breiten Spektrum an Schusswaffen ein – von der winzigen Bayard-Taschenpistole Modell 1907 bis zur Mauser C 96, die wegen ihres ansteckbaren Anschlagschafts, dem 10-Schuss-Magazin und der Durchschlagskraft ihrer Munition besonders beliebt war. Während das deutsche und österreichische Militär nahezu ausschließlich mit heimischem Gerät versorgt wurde, griffen England und Frankreich auch auf Lieferanten aus Spanien und den USA zurück. So fanden sich bald baskische Ruby-Pistolen und amerikanische Smith&Wesson-Revolver in den Gräben an der Westfront. 

 

Quellen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Otto_Dix
http://www.otto-dix.de/werk/c_weltkrieg
http://www.swr.de/erster-weltkrieg/1-wk-krieg-kuenstler-dix-juenger/-/id=12638894/did=13155486/nid=12638894/bnjz9d/index.html
Notiz auf S. 107 des Kriegstagebuchs von Otto Dix; zitiert nach Otto Conzelmann: Das Kriegstagebuch - Ein Merkbuch der Erkenntnisse. In: Alfred Hagenlocher (Hg.): Otto Dix. Bestandskatalog Zeichnungen - Pastelle - Aquarelle - Kartons und Druckgraphik der Jahre 1912-1969 aus der Stiftung Walther Groz in der Städtischen Galerie Albstadt, Veröffentlichungen der Städtischen Galerie Albstadt, 2. Aufl. Albstadt 1985
https://de.wikipedia.org/wiki/Ernst_Jünger
http://literaturkritik.de/id/18872
Lutz Hagestedt: Ambivalenz des Ruhmes: Ernst Jüngers Autorschaft im Zeichen des Goethepreises.

In: Lutz Hagestedt (Hrsg.): Ernst Jünger: Politik – Mythos – Kunst. S. 167–179, hier S. 171.
Jünger, Ernst: In Stahlgewittern. Stuttgart : Klett-Cotta, 1978.
S. 7. – ISBN 978-3-608-95208-7.
Robert W.D. Ball: Mauser Military Rifles of the World
F&W Publications Inc; Auflage: 5 Rev ed. (26. August 2011)
ISBN-13: 978-1440215445
Dieter Storz: Gewehr und Karabiner 98
Die Schußwaffen 98 des deutschen Reichsheeres von 1898 bis 1918
Verlag Militaria (1. November 2006)
ISBN-13: 978-3902526045
https://de.wikipedia.org/wiki/MG_08/15